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Das obere Saaletal
Vom Granitkern des Fichtelgebirges recken sich zwei langestreckte Bergzüge weit hinaus in die mitteldeutschen Lande.
Nach Nordosten streicht die mächtige Falte des Erzgebirges; nach Nordwesten erstreckt sich das Schiefergebiet des Frankenwaldes, der sich in den mauerartigen Horst des Thüringer Waldes fortsetzt.
In dem Winkel, den diese beiden Bergzüge umfassen, liegt das vogtländische Bergland.
Wenn dieses Relief immer bestanden hätte, so könnten wohl Flüsse aus Fankenwald nach Norden und Süden fließen, aber der heutige Saalelauf, der dieses 50 km breite Bergland durschneidet, hätte nicht entstehen können.
Am großen Waldstein entspringt die Saale und rinnt als ein munteres Bächlein durch die flachen Gneisfelsen der Münchenberger Gneisinsel nach Hof.
Wohl kreuzt sie auf diesem Wege prächtige Serpentinfelsen, und aus den sanft gerundeten Hügeln ragen hier und da härtere Gesteine felsbildend heraus.
Aber nirgend sonst bieten sich ihrem Laufe größere Schwierigkeiten.
Da steigt nördlich von Hof wie eine dunkle Mauer das Schiefergebirge empor, und durch ein enges Tor tritt die Saale in einen tiefen Felsenspalt hinein.
Sie durchsneidet zuerst einen breiten Zug devonischer Diabase und Schalsteine, kreuzt bei Joditz einen schmalen Streifen von Kambrium und silurischen Schiefern, die am Leuchtholz durch ihre Fossilführung bekannt sind und windet sich dann in engen Serpentinen in das Gneisgebiet von Hirschberg hinein.
60 m hoch steigt ein zu Gneis gepreßter Granit empor und trägt eine malerische Burg, während das betriebsame Städtchen sich dem schmalen Raum zwischen Fels und Fluß anschmiegt.
Von Sparnberg wendet sich der Fluß nach Südwesten durch devonsiche und silutidche Schichten, wo bei Blankenstein der Rennsteig sein Ende findet und das düstere Höllental mündet, dann schlägt er wieder eine nördliche Richtung ein und windet sich an der Grenze des Silurgebietes von Tanna und des Culmgebietes von Ziegenrück bald durch Devon, bald durch Silur nach Saalburg.
In prachtvollen Steinbrüchen werden hier blaugraue Kalke des Obersilur als "Thüringer Mamor" gewonnen.
In kurzen Abständen folgen auf das Devon die Culmschichten, welche die Saale an dem herrlich gelegenen Burgk vorbei, über Ziegenrück bis Eichicht durchschneidet.
Steiniges Ackerland wird von kleineren oder größeren Waldungen unterbrochen.
Wo der Verwitterungsschutt etwas tiefer liegt, sammelt sich das Wasser zu Sümpfen und Teichen.
In der Flur von Knau liegen 99 Teiche, auf dem Gebiet von Pörmitz sammeln sich 107 stehende Gewässer.
Tagelang könnten wir von Saalburg auf der Hochebene nach Norden und Westen wandern, ohne einen wesentlichen Wechsel in den Formen flacher Bergrücken und geringfügiger Talsenken zu begegnen.
Da plötzlich stockt unser Fuß, und vor uns gähnt, 100 m tief, das Saaletal.
Wir eilen den steilen Bergabhang hinab und treten aus dem Fichtenwald direkt an das Felsenufer.
Kein Fußpfad findet Platz zwischen Wasser und Fels; nirgends erblicken wir die Spuren menschlicher Ansiedlungen.
In stimmungsvoller Einsamkeit rauscht der Fluß aus Bergwänden auf uns zu, und zwischen Bergkulissen verschwinden seine Fluten.
Der Schrei eines Raubvogels weckt das Echo der Bergwand; aber keine Fähre, keine Brücke hilft uns über den Fluß hinüber.
Überall sehen wir die grauen Culmschichten aus der Höhe zum Ufer der Saale hinabsteigen und sich nach kurzer Entfernung wieder emporfalten.
Schiefer und Grauwacken wechsellagern miteinander, und nur bei Wilhelmsdorf erregen Krinoidenstielglieder in einer kalkigen Zwischenschicht unser Interesse.
Wenn wir mühsam den reißenden Strom durchwaten und drüben die Bergwand erklettern, dann liegt wiederum die eintönige Hochebene des vogtländischen Schiefergebirges vor uns.
Im Geiste verfolgen wir den unwegsamen Flußlauf nach Westen; plötzlich liegt Eichicht vor uns, das Tal erweitert sich und die Sormitz unf Loquitz fließen ihm von Süden zusammen.
Ein schweres Stück Arbeit hat die Saale vollbracht, indem sie sich so tief in die Schiefer- und Grünsteinfelsen hineinsägte.
Leicht können wir einzelne Phasen des alten Flußlaufs bei Eichicht erkennen.
Auf der Höhe bei Preißwitz, am Abhang der Eichelberge, und hoch über dem Bahnhof Eichicht auf dem Plateau des Schluff liegen die Gerölle eines uralten Saalelaufes, der 120 m höher lag; damals müssen noch Buntsandsteintafeln das Schiefergebirge bedeckt haben, denn auf dem Schluff sind Buntsandsteingerölle häufig.
Andere Gerölllager säumen die Gehänge der Berge in wechselnden Abständen und entsprechen den einzelnen Entwicklungsphasen des sich immer tiefer hineinsägenden Flusses.
Unter den hier beobachteten Geröllen erregen vereinzelte Funde von Ammonites costatus, einem ausgezeichnetem Leitfossil des mittleren Lias, die man bei Obernitz und Saalfeld gemacht hat, ganz besonders unser Interesse.
Denn sie deuten darauf hin, daß auch hier einmal Lias anstand, der vielleicht auf einer Verwerfungsspalte eingeklemmt, lange Zeit der Abtragung entging, bis seine Gesteine endlich Gerölle im Saalkies einen letzte Ruhestätte fanden.
Im Norden führt die Straße über Kaulsdorf nach dem Roten Berge, dessen Erzführung und Diluvialfauna wir vom Orlatal aus besuchen werden.
Dann wendet sich die Saale im weiten Bogen über Fischersdorf nach Weischwitz, umzieht den Gleitsch, auf dessen Höhe die Geschiebe eines alten Saalelaufes (früher für erratisch gehalten) vorkommen, und fließt über Obernitz am Fuß des Bohlen vorbei, indem sie hier ein glänzendes Profil entblößt:
Oberdevonische Kalke und Schiefer steigen in einer engen Falte 80 m empor, senken sich wieder hinab zum Fluß und gipfeln in einer zweiten Falte von etwas komplizierterem Bau.
Hier sind bergangs schichten zum Culm mit eingefaltet, während uns die devonischen Knotenkalke reiche Ausbeute an Goniatiten, Clymenien und Orthoceras, und die darüberliegenden, dünngeschichteten Schiefer Trilobiten, Cypridinen, Korallen und Posidonomien bieten.
So klettern wir sammelnd an dem Steilgehänge empor und stehen plötzlich vor einer hohen Wand horizontal geschichteten Zechsteinkalkes, der ohne Kupferschiefer, aber mit dem typischen Zechsteinkonglomerat beginnend, diskordant über die eingeebneten Schieferfalten hinweggebreitet ist.
Ein wunderbares Landschaftsbild liegt zu unseren Füßen, tief unter uns rauscht der Fluß,
im Norden tauchen die alten Türme von Saalfeld auf, und dahinter erheben sich die Buntsandstein- und Muschelkalkhöhlen der Thüringer Senke.
In den letzten Jahren ist Saalfeld um eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges bereichtert worden durch die Entdeckung der Feengrotten bei Garnsdorf.
Vor Jahrhunderten wurden hier die gefalteten und durch Verwerfungen verlagerten silurischen Alaunschiefer in vielafch gewundenem bergmännischem Abbau gewonnen.
Dann lagen die Stollen und Strecken verlassen und verschüttet, bis sie durch Hess von Wichdorf wieder entdeckt, wunderbare Einblicke in die Tätigkeit des unterirdischen Wassers gewähren.
Ablagerungen von weißen butterähnlichen Eisenphosphat, Sinter von eisenhaltigem gelben Eisenocker, zarte biegsame Stalaktiten von Diadochit, blaue und grüne Rinden von Kupfersalzen bieten im Lichte zahlreicher elektrischer Lampen und im Spiegel geschickt angelegter Wasserbecken einen zauberhaften Anblick.